Theodorskirche

Bild wird geladen...(Foto: Eveline Michel-Amsler)
Bild wird geladen...(Foto: Eveline Michel-Amsler)
In meinem Kopf sehe ich einen Film. ‚Die Geschichte Kleinbasels in 1 Minute‘ heisst er. Ein Jahrhundert kriegt da nur wenige Sekunden. Einmal Luft holen ist ein ganzes Leben. Vieles ist flirrend nervös in diesem Film. So wie das Menschliche halt ist. Einzig der Rhein legt sich stets ruhig in die Kurve. Daneben platzt aus einem kleinen Nest ein buntblühender Stadtteil. Häuser spriessen, Strassen, Schienen rollen aus.

Zur Orientierung hält man sich im Film am besten an zwei Dinge: An die Brücken, die ans andere Ufer, und an die Türme, die in den Himmel greifen. Beide sind bezeichnend fürs Kleinbasel. Brücken nach aussen und oben.

In der Mitte des Films erscheint an der Stadtmauer ein Haus mit Turm. Es verstreichen einige Sekunden, dann wird gleich daneben eine Brücke geschlagen. Die Theodorskirche erhält ihren Namen von einem unbekannten römischen Soldaten. Das Wettsteinquartier den seinen von einem Eingewanderten aus Zürich. Kleinbasel grenzenlos. Der Theodorsturm war die erste kleinbasler Himmelsbrücke für alle. Als Kirche der ‚gemeinen Leute‘ riefen ihre Glocken weit hinaus. Meist zum Gebet. Manchmal auch bei Gefahr. Die letzten Filmsekunden zeigen, wie das Überschaubare förmlich explodiert. Aus dem Gotteshaus am Rand wird das Kleinbasler Gotteshaus in der Mitte.

Das Bewusstsein, minder zu sein, ging im Minderen nie verloren. Doch mit minderwertig ist das nicht zu verwechseln. Lustvoll kehrt der Vogel Gryff dem grossen Basel den Rücken zu. Längst hat es die Theodorskirche aufgegeben, zweitürmig dem Münster gegenüber zu sein.

‚Minder‘ bedeutet durchaus, sich stolz der Grösse im Kleinen bewusst zu sein – und dabei die Kleinheit gegenüber dem ganz Grossen nicht zu vergessen, der um alles und über allem ist.

Ein Psalm geht mir durch den Kopf. ,Gott, mein Herz will nicht hoch hinaus,‘ heisst es da. ,Harre, Israel, auf ihn von nun an bis in Ewigkeit.‘ (131, 1.3) Ich bin gespannt, wie der Film weiter geht.

Philipp Roth, Pfarrer