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Hüte dich und bleibe still; fürchte dich nicht, und dein Herz sei unverzagt.

Jesaja 7,4

Elisabeth (Gretler) Böhme-Iselin – die Doyenne der Schweizer Pfarrerinnen gestorben

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Am 8. November 2020 verstarb in Basel Elisabeth Böhme-Iselin. Sie war die Doyenne der reformierten Pfarrerinnen in der Schweiz. Am 11. Mai 2021 wäre sie 100jährig geworden.
Elisabeth Böhme-Iselin stammte aus der alten Basler Familie Iselin. Zusammen mit drei jüngeren Geschwistern wuchs sie in einem christlich geprägten Elternhaus in Riehen BS auf. Ihr Vater war Dr. iur., Verbandssekretär und in den 1940er-Jahren Berufsmilitär (Korpskommandant), aber auch Mitglied der Basler Kirchensynode. Sonntags las er den Kindern aus der Bibel vor. Schon in der Kindheit interessierte sich Elisabeth Iselin für die Mission: Ihr Berufsziel war Missionarin. 1940 schrieb sie sich deshalb für das Theologiestudium ein. Studienorte waren Genf, Basel und Zürich.

1946 wurde sie von der reformierten Kantonalkirche Basel-Stadt ordiniert – es war seit 1931 bereits die achte Ordination einer Frau. Keine andere Kantonalkirche hat vor der Gleichstellung der Theologinnen in den langen 1960er-Jahren so viele Frauen ordiniert! Elisabeth Iselin blieb mit ihrer Basler Heimatkirche zeitlebens verbunden. 1947 heiratete sie ihren Studienkollegen Gottfried Gretler. Ihm stand sie in Thayngen SH bis zum krankheitsbedingten, frühen Tod 1951 als Gattin und Pfarrfrau zur Seite.

1952 bewarb sich Elisabeth Gretler auf die ausgeschriebene Pfarrhelferstelle in Liestal BL und wurde gewählt. Zwar traten die ersten beiden Schweizer Theologinnen bereits 1919 ins Pfarramt, aber in jenen Jahren waren Frauen im Pfarrberuf noch sehr selten.

Ein «grosses Herz» hatte sie insbesondere für die Kinder, die gerne zuhörten, wenn sie ihnen Geschichten erzählte. Wie ihre männlichen Kollegen führte sie alle Amtshandlungen aus, mit Ausnahme der Abdankungen: Eine Frau könne nicht den Trauerzug anführen und den Blicken des Publikums ausgesetzt sein. Als 1959 der Liestaler Stadtpräsident verstarb, vertrat sie ihre abwesenden Kollegen vortrefflich, und die Vorbehalte waren weg. Wenn einzelne Pfarrherren Bedenken gegen Pfarrerinnen äusserten, sah sie darüber hinweg, auch hier zeigte sich ihr «grosses Herz». Den Gemeindegliedern galt sie seit Amtsantritt als gleichwertige Pfarrerin; sie war sehr geschätzt. Ihr vorzügliches pfarramtliches Wirken war dann einer der Gründe, dass die Kantonalkirche Baselland die Theologinnen 1965 rechtlich gleichstellte. Darauf wurde die Pfarrhelferstelle in eine ordentliche Pfarrstelle umgewandelt.

Später schrieb sie nochmals Geschichte: 1971 war sie die erste Frau im Zentralvorstand des Schweizer Pfarrvereins. 1979 stand die Wahl eines neuen Präsidenten des Pfarrkonvents Baselland an. Ein Pfarrer kandidierte bereits. Im letzten Moment wurde sie ebenfalls als Kandidatin nominiert. Wie bei der Papstwahl brauchte es eine Zweidrittelmehrheit. Nach vier Wahlgängen dann das Resultat: «Habemus mamam!» Es war dies das erste Mal in der Schweiz, dass eine Frau einer kantonalen Pfarrerschaft vorstand.

Nach der Pensionierung 1983 bekam das Leben von Elisabeth Gretler nochmals neuen Schwung. Mitte der 1980er-Jahre wurden Vertreterinnen des Schweizer Theologinnenverbandes nach Berlin eingeladen, im folgenden Jahr kam es zum Gegenbesuch von zwei Theologinnen aus der DDR. Gretler erwies sich als eine feine Gastgeberin mit «grossem Herz». Nochmals ein Jahr später machte sie auf der Rückreise von Rügen Zwischenhalt in Lübeck, wo sie zum ersten Mal einen entfernten angeheirateten Verwandten traf: Ulrich Böhme, Pfarrer und Religionslehrer. 1987 heirateten die beiden.

Ein Leben lang war ihr die Bibel wichtig. Über das Pensionsalter hinaus engagierte sie sich im Vorstand der Schweizer und Basler Bibelgesellschaft. Die letzten Lebensjahre verbrachte sie geistig hellwach und interessiert in einem Alterszentrum in Basel.
Pierre Aerne