Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst; ich bin der HERR.

3.Mose 19,18

Zum Abschied ein paar Fragen an Simon Ganther

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Kirchenrat Simon Ganther beantwortet zum Abschied Fragen zu seinem Rücktritt, zur Kirche und zu seiner Zukunft.
Warum bist Du seinerzeit Kirchenrat geworden?
Angefangen hat es schon etwas früher. Ich war ab 1995 Synodaler und wurde auch Präsident der Planungskommission. Von 2007 bis 2009 habe ich die Synode präsidiert. 2013 war es dann kein so grosser Schritt mehr in den Kirchenrat. Es war immer meine Absicht, für die Kirche mein Bestes zu geben. Die Arbeit im Kirchenrat war eine Art Fortsetzung meiner bisherigen Tätigkeiten. Man könnte sagen: die Krönung.

War es eher eine Last angesichts all dieser Ansprüche, oder war es eine Freude, in der Exekutive etwas gestalten zu können?
Es war beides. Eine Last war es, der Konformität nach Aussen entsprechen zu müssen. Das entspricht mir nicht wirklich. Ich denke gerne laut, dann kann man mir entgegnen. Ich liebe es, auf diese Weise den Konsens zu finden. Was aber immer super war im Kirchenrat, das war der Zusammenhalt nach aussen. Der hat hervorragend funktioniert.

Warum trittst Du zurück?
Da gibt es verschiedene Gründe. Ich denke, 40 Jahre sind ein guter Zeitpunkt, um aufzuhören. Dann finde ich, die Kirche hat an Profilschärfe verloren und ein Drittes ist der Zeitgeist.

Du findest, die Kirche ist beliebig geworden?
Ja, vielleicht kann man das sagen. Es hat damit zu tun, dass gewisse Dinge in der Bibel stehen, die haben vor tausend Jahren gegolten und die gelten auch noch heute. Warum kann man dazu nicht stehen?

Du glaubst, die Kirche will es zu vielen Leuten recht machen?
Ich denke, die Kirche hat Teile ihres Profils verloren, weil sie sich nicht getraut, Grenzen zu ziehen, welche um des Wortes Gottes willen nötig wären.

An was aus Deiner Amtszeit erinnerst Du Dich besonders gerne?
Da ist sicher die Freundschaft, die mit Lukas Kundert entstanden ist. Unsere Unterschiedlichkeiten erlebte ich zugleich als Herausforderung und Bereicherung. Diese Freundschaft wäre aber nicht entstanden, wenn ich nicht Kirchenrat geworden wäre und dafür bin ich dankbar.

Was ist das grösste Problem, das die Kirche aus Deiner Sicht jetzt angehen muss?
Probleme hat unsere Kirche ja einige. Zum Beispiel, dass die Mitglieder austreten und das Geld weniger wird und dass man gegen beides bisher kein Mittel gefunden hat. Ich glaube, in der parlamentarischen Zusammenarbeit reden wir sehr viel, aber wir verstehen uns nicht. Oder man versteht nur, was man verstehen will. Das ist ein menschliches Problem, das trat in allen Jahrhunderten auf, aber wir haben es heute professionalisiert, auch mit dem Digitalisieren, was Verfügbarkeit anbelangt, der Aktivismus … Aber die erste Frage, wenn es um die Kirche geht, ist doch: Kann ich Jesus Christus weitergeben oder nicht? Und versteht das mein Umfeld? Das tönt jetzt vielleicht etwas zu missionarisch, aber so verstehe ich das Neue Testament.

Gibt es etwas Besonderes, das Du in Deiner Zeit als Kirchenrat gelernt hast?
Ich habe sicher gelernt, dass es Dinge gibt, die wirklich existieren und funktionieren, auch wenn ich persönlich sie so nicht sehe. Ich denke zum Beispiel an einen Bibeltext, in dem Jesus gesagt hast: Mach Du das, für den anderen schaue ich. Als Mensch hat man immer das Gefühl, man müsse für alle und alles schauen in seinem Umfeld. Aber das ist gar nicht der Auftrag. Jesus fragt Petrus: Hast Du mich lieb? Und Petrus fragt: Aber was ist mit jenem? Und Jesus sagt: Das ist nicht dein Problem. Das hat mich positiv offen gemacht.

Was hat Dich am meisten überrascht in Deiner Arbeit?
Überrascht hat mich vieles, unter anderem, dass wir jetzt nach zwölf Jahren schon wieder eine neue Verfassung brauchen. Es ist so, Punkt. Die Abstimmung ist durch und jetzt sind wir mitten in den Verhandlungen. Die erste Verfassung hat hundert Jahre gehalten, die zweite zwölf Jahre. Man kann darüber denken, was man will.

Was machst Du jetzt?
Ich habe viel Zeit für die Kirche investiert und damit auch weniger Zeit mit meiner Frau verbringen dürfen. Das ändert sich jetzt. Wir überlegen uns auch, ob wir eine gemeinsame Aufgabe anpacken sollen hier in Riehen, aber das ist noch offen. Ich mache jetzt zuerst mein Amt noch fertig und dann gebe ich mir erst mal etwas Zeit. Dann bin ich von einem Freund aus der Münstergemeinde angefragt worden, ob ich bei einem Missionsprojekt mitmachen würde. Mission hat bisher noch nicht so konkret auf meiner Fahne gestanden. Vielleicht kommt auf diese Weise bei meiner kirchlichen Tätigkeit doch noch ein dritter oder vierter Abschnitt dazu. Ich bin gespannt.