Für Eltern gibt es nichts Schlimmeres als ein schwer krankes oder verunfalltes Kind. Seit 2017 unterstützt Cornelia Schmidt als Spitalseelsorgerin am Universitäts-Kinderspital beider Basel betroffene Eltern und oft auch die Kinder und das Pflegepersonal. Die Religion der Betroffenen spiele dabei fast keine Rolle. In einer Ausnahmesituation, wenn ihr Kind existenziell bedroht sei, gehe es um Zuhören und Mitfühlen.
Sie sind Seelsorgerin am UKBB – betreuen Sie eher die Eltern oder eher die Kinder?
Eigentlich eher die Eltern. Häufig sind die Kinder aber mit dabei, weil ich bei ihnen im Patientenzimmer bin. Kleinere Kinder versuche ich spielerisch zu integrieren, mit grösseren Kindern nehme ich auch im Gespräch den Kontakt auf. Mir ist es wichtig, auch mit dem Kind eine Verbindung zu haben, so dass es sich wahrgenommen fühlt. Es gibt Gespräche, die die Eltern mit mir allein fortführen möchten. Das gilt ganz besonders, wenn sie in einer sehr schwierigen, anstrengenden, fordernden oder traurigen Phase sind. Es kann dann auch sein, dass sie einzeln Zeit brauchen für ein Gespräch, weil sie das, was ihnen geschieht, unterschiedlich wahrnehmen und verarbeiten.
Mit welchen Konfessionen und Religionen haben Sie es zu tun?
Ich treffe immer wieder auf Eltern, die einen starken kirchlichen Bezug haben, und ich habe auch mit Eltern anderer Religionen zu tun, mit muslimischen, hinduistischen oder buddhistischen Eltern. Mit ihnen rede ich selbstverständlich auch. Wenn wir von durchschnittlichen, jungen Schweizer Eltern ausgehen, muss ich sagen, dass nur noch wenige mit der Kirche zu tun haben. Viele sind ausgetreten. Alle Eltern sind aber in einer Ausnahmesituation, wenn ihr Kind existenziell bedroht ist und ihre Zukunft als Familie auf dem Spiel steht, wenn es um Leben und Tod oder um eine schwere Krankheit geht. Dann sind fast alle sehr offen für eine menschliche, offene, liebevolle Begegnung mit jemandem, der nicht aus dem Ärzte- oder Pflegeteam ist. In diesem Moment der Offenheit und Verletzlichkeit versuche ich, ihnen auf ihrem Weg beizustehen, auf dem niemand eine Antwort und eine Lösung hat. Jeder Mensch hat andere Ressourcen, eine andere Einstellung - dort setze ich an. Bei ihnen sein zu können und sie zu unterstützen sowohl mit Menschlichkeit als auch mit theologischer Erfahrung, das ist sehr wertvoll und oft auch sehr willkommen.
Finden Sie den Zugang zu Eltern auch, wenn sie anderen Religionen angehören?
Der grösste Anteil anderer Religionen sind muslimische Familien. Eine Mutter, die um ihr Kind bangt, ist aber in erster Linie eine Mutter, da spielt die Religion keine Rolle. Es ist eine Begegnung von Frau zu Frau, von Mutter zu Mutter, in einer existenziellen Situation. Ich versuche, durch sorgfältiges Zuhören herauszufinden, wie es ihr geht, wie ihr Selbstverständnis ist, wie sie ihre Familie sieht. Je nachdem entwickeln sich das Gespräch und die Begleitung anders.
Wann kommen Sie zum Einsatz im UKBB?
Ich werde meistens angerufen. Die Intensivstation besuche ich jede Woche. Da frage ich aktiv nach Patienten oder Familien, die mich brauchen. Ich gehe vorbei und stelle mich vor, danach reden wir, kürzer oder länger. Darüber hinaus bin ich Mitglied des interdisziplinären Care-Teams am UKBB. Das Care-Team begleitet Patientenfamilien in kritischen Situationen und entlastet gleichzeitig das medizinische Behandlungsteam. Da komme ich zum Beispiel nach einem schweren Unfall zum Einsatz. Meist geht es um Kinder, die in sehr kritischem Zustand auf den Notfall kommen. Das können übrigens auch Kinder aus dem Jura, dem Tessin oder dem Aargau sein. Wenn die Intensivstation im Kinderspital Zürich voll belegt ist, werden schwer verunfallte oder schwer kranke Kinder auch aus der Ostschweiz nach Basel geflogen.
Sie arbeiten also auf der Intensivstation und im Care-Team…
… und ich bin Teil des Palliativ-Teams. Das arbeitet stationär und ambulant. Es betrifft Kinder, die nicht geheilt werden können, die also längerfristig an einer Krankheit leiden. Das sind nicht unbedingt sterbende Kinder,. Langzeitpflege erfolgt bei Kindern wenn irgend möglich zu Hause. Das ist also nicht nur seelisch, sondern auch von der Betreuung her eine riesige Belastung für die Eltern, ein Kraftakt. Ich betreue Eltern, die sich ganz um die Pflege des kranken Kindes herum organisieren müssen. Es kann sein, dass so ein Zustand jahrelang anhält. Das heisst nicht, dass das immer nur traurig ist, es kann auch um Feste gehen wie einen Geburtstag oder spezielle Ferien, es kann auch fröhlich und leicht sein, aber es erfordert von allen Beteiligten ganz viel Kraft. Auch die Geschwisterkinder dürfen dabei nicht vergessen gehen. Mit denen unterhalte ich mich auch, weil es wichtig ist, dass sie beachtet und gestärkt werden, wenn ihre Eltern an den Rand der Belastung kommen und wenig Kraft haben, sich ihnen zu widmen. Geschwister, aber auch z.B. Grosseltern, Tanten und Onkel von kranken und sterbenden Kindern leiden und trauern immer mit. Ich begleite Familien oft über längere Zeit und manchmal auch über den Tod eines Kindes hinaus. Ich und führe manchmal auch Trauergottesdienste durch.
Betreuen Sie auch die Mitarbeitenden am UKBB?
Ich habe recht häufig mit dem Personal zu tun, zum Beispiel im Rahmen der interdisziplinären Balint-Gruppe mit Pflegenden und Ärzten. Dabei geht es weniger um den medizinisch-therapeutischen Fall als darum, wie es einem mit dem Patienten und mit den Angehörigen geht. Was fällt mir schwer? Was passiert mit mir? Was belastet mich? Wo habe ich ethische Bedenken? Es geht darum, solche Empfindungen und Gefühle zu besprechen und gemeinsam Lösungen für den Umgang mit ihnen zu suchen. Ich habe aber auch Einzelgespräche mit dem Personal, zum Beispiel bei privaten Problemen oder Schicksalsschlägen. Wenn sie mich kennen, fragen sie mich, ob ich mal Zeit habe. Das ist das Schöne an meinem Beruf: Ich darf mir Zeit nehmen für die Menschen und muss nicht auf die Uhr schauen und Taxpunkte rapportieren.
Für Eltern gibt es nichts Schlimmeres als ein schwer krankes oder gar ein sterbendes Kind. Was können Sie den Eltern anbieten?
Ich kann ihnen anbieten, dass ich mit meinem ganzen Herzen bei ihnen bin in diesem fast nicht auszuhaltenden und manchmal auch gar nicht auszuhaltenden Lebensabschnitt. Ich kann ihnen anbieten, dass ich mitfühle, aber dabei nicht selbst zusammenbreche. Dadurch kann ich ihnen etwas Halt geben und das Schwierige und Schwere mit ihnen auszuhalten. Ich kann immer und immer wieder zuhören, wenn sie mir erzählen, wie ein Unfall passiert ist, wie es dem Kind letzte Woche gegangen ist. Ich kann ihnen anbieten, dass ich nicht müde werde, das zumindest ein wenig mitzutragen, was sie aushalten müssen.
Und wie halten Sie das aus?
Ich habe ein tolles Team und liebe Kolleginnen und Freunde in meinem Umfeld, mit denen ich verbunden bin und mit denen ich mich austauschen kann. Ich habe eine wunderbare Familie. Da erzähle ich auch manchmal von meinen Patientinnen, und dann tragen sie mich mit, indem sie zuhören und Anteil nehmen. sie Ich habe sehr gerne stille Momente für mich alleine, in denen ich mich geistig regenerieren kann im Gebet, Ich bewege mich gerne beim Laufen und beim Sport. Draussen in der Natur spürt man seinen Körper und er kann sich erholen und neue Kraft schöpfen. Es ist wichtig, dass man die Traurigkeit und das Leid verarbeiten kann. Und es gibt ganz viele freudige Erlebnisse, weil Kinder geheilt werden, weil sie kritische Zustände überleben, weil Ärztinnen und Pflege unvorstellbar viel leisten, weil Eltern, die ein Kind verloren haben, noch einmal Eltern werden dürfen und ich diese Kinder dann taufen darf, weil ein zerrissener Lebenskreis, wenn auch mit Narben, sich dann doch wieder zusammenfügt.
Und wie gehen Sie mit den Kindern um?
Das kommt ganz aufs Kind an und aufs Alter. Ich habe Kinder einfach gern und unterhalte mich gerne mit ihnen, weil sie oft tiefgründig, interessant und auch lustig über das Leben nachdenken und uns viel zu sagen haben. Manche Kinder sind sich sehr bewusst, wenn sie sterben müssen und sie können manchmal sogar besser damit umgehen als ihre Eltern. Kinder können uns sehr viel sagen, wenn wir bereit sind, ihnen zuzuhören. Das ist mir wichtig: Nicht von mir und meinen Vorstellungen auszugehen, sondern genau hinzuhören, was dieser Bub oder dieses Mädchen mir erzählt darüber, wie es ihm oder ihr geht. So kommen wir ins Gespräch. Es geht nicht um meine Meinung oder gar um Tipps. Es geht darum, dem Menschen zu begegnen und seine Seele wahrzunehmen.
Sie hören nur zu und geben keine Tipps?
Klar kann ich Eltern allenfalls Hinweise und praktische Tipps geben, wenn sie das wünschen. Dabei geht es aber eher um konkrete Beratungen bei Fragen, die sie als Paar oder die Geschwisterkinder betreffen, oder es geht um die Balance zwischen Erwerbsarbeit und Pflege des erkrankten Kindes etc. Jede Familie ist da in einer ganz eigenen, immer aber anspruchsvollen Situation Wenn ich dann beispielsweise etwas zu ihrer Stärkung, Beruhigung oder zu mehr Klarheit beitragen kann, macht mich das zutiefst froh.
Cornelia Schmidt
Cornelia Schmidt hat in Basel und Zürich Theologie studiert. Nach dem Propädeutikum arbeitete sie ein Jahr lang als Lehrerin an einer Primarschule in Guayaquil, Ecuador 1998 wurde sie ordiniert. Von 1999 bis 2005 arbeitete sie im Ökumenischen Aidspfarramt beider Basel als Seelsorgerin für Frauen im Sexgewerbe. Seit 2005 ist sie Seelsorgerin im Kantonsspital Baselland auf dem Bruderholz, seit 2017 zudem Spitalseelsorgerin am Universitäts-Kinderspital beider Basel UKBB. Sie hat sich nach dem Theologiestudium am Institut für systemische Entwicklung und Fortbildung in Zürich im Bereich der systemischen Psychotherapie und Beratung weitergebildet und darüber hinaus im Bereich Notfallseelsorge und -psychologie. Sie ist Mitglied des Careteams des Kantonalen Führungsstabs Baselland.
» www.ukbb.ch/
Eigentlich eher die Eltern. Häufig sind die Kinder aber mit dabei, weil ich bei ihnen im Patientenzimmer bin. Kleinere Kinder versuche ich spielerisch zu integrieren, mit grösseren Kindern nehme ich auch im Gespräch den Kontakt auf. Mir ist es wichtig, auch mit dem Kind eine Verbindung zu haben, so dass es sich wahrgenommen fühlt. Es gibt Gespräche, die die Eltern mit mir allein fortführen möchten. Das gilt ganz besonders, wenn sie in einer sehr schwierigen, anstrengenden, fordernden oder traurigen Phase sind. Es kann dann auch sein, dass sie einzeln Zeit brauchen für ein Gespräch, weil sie das, was ihnen geschieht, unterschiedlich wahrnehmen und verarbeiten.
Mit welchen Konfessionen und Religionen haben Sie es zu tun?
Ich treffe immer wieder auf Eltern, die einen starken kirchlichen Bezug haben, und ich habe auch mit Eltern anderer Religionen zu tun, mit muslimischen, hinduistischen oder buddhistischen Eltern. Mit ihnen rede ich selbstverständlich auch. Wenn wir von durchschnittlichen, jungen Schweizer Eltern ausgehen, muss ich sagen, dass nur noch wenige mit der Kirche zu tun haben. Viele sind ausgetreten. Alle Eltern sind aber in einer Ausnahmesituation, wenn ihr Kind existenziell bedroht ist und ihre Zukunft als Familie auf dem Spiel steht, wenn es um Leben und Tod oder um eine schwere Krankheit geht. Dann sind fast alle sehr offen für eine menschliche, offene, liebevolle Begegnung mit jemandem, der nicht aus dem Ärzte- oder Pflegeteam ist. In diesem Moment der Offenheit und Verletzlichkeit versuche ich, ihnen auf ihrem Weg beizustehen, auf dem niemand eine Antwort und eine Lösung hat. Jeder Mensch hat andere Ressourcen, eine andere Einstellung - dort setze ich an. Bei ihnen sein zu können und sie zu unterstützen sowohl mit Menschlichkeit als auch mit theologischer Erfahrung, das ist sehr wertvoll und oft auch sehr willkommen.
Finden Sie den Zugang zu Eltern auch, wenn sie anderen Religionen angehören?
Der grösste Anteil anderer Religionen sind muslimische Familien. Eine Mutter, die um ihr Kind bangt, ist aber in erster Linie eine Mutter, da spielt die Religion keine Rolle. Es ist eine Begegnung von Frau zu Frau, von Mutter zu Mutter, in einer existenziellen Situation. Ich versuche, durch sorgfältiges Zuhören herauszufinden, wie es ihr geht, wie ihr Selbstverständnis ist, wie sie ihre Familie sieht. Je nachdem entwickeln sich das Gespräch und die Begleitung anders.
Wann kommen Sie zum Einsatz im UKBB?
Ich werde meistens angerufen. Die Intensivstation besuche ich jede Woche. Da frage ich aktiv nach Patienten oder Familien, die mich brauchen. Ich gehe vorbei und stelle mich vor, danach reden wir, kürzer oder länger. Darüber hinaus bin ich Mitglied des interdisziplinären Care-Teams am UKBB. Das Care-Team begleitet Patientenfamilien in kritischen Situationen und entlastet gleichzeitig das medizinische Behandlungsteam. Da komme ich zum Beispiel nach einem schweren Unfall zum Einsatz. Meist geht es um Kinder, die in sehr kritischem Zustand auf den Notfall kommen. Das können übrigens auch Kinder aus dem Jura, dem Tessin oder dem Aargau sein. Wenn die Intensivstation im Kinderspital Zürich voll belegt ist, werden schwer verunfallte oder schwer kranke Kinder auch aus der Ostschweiz nach Basel geflogen.
Sie arbeiten also auf der Intensivstation und im Care-Team…
… und ich bin Teil des Palliativ-Teams. Das arbeitet stationär und ambulant. Es betrifft Kinder, die nicht geheilt werden können, die also längerfristig an einer Krankheit leiden. Das sind nicht unbedingt sterbende Kinder,. Langzeitpflege erfolgt bei Kindern wenn irgend möglich zu Hause. Das ist also nicht nur seelisch, sondern auch von der Betreuung her eine riesige Belastung für die Eltern, ein Kraftakt. Ich betreue Eltern, die sich ganz um die Pflege des kranken Kindes herum organisieren müssen. Es kann sein, dass so ein Zustand jahrelang anhält. Das heisst nicht, dass das immer nur traurig ist, es kann auch um Feste gehen wie einen Geburtstag oder spezielle Ferien, es kann auch fröhlich und leicht sein, aber es erfordert von allen Beteiligten ganz viel Kraft. Auch die Geschwisterkinder dürfen dabei nicht vergessen gehen. Mit denen unterhalte ich mich auch, weil es wichtig ist, dass sie beachtet und gestärkt werden, wenn ihre Eltern an den Rand der Belastung kommen und wenig Kraft haben, sich ihnen zu widmen. Geschwister, aber auch z.B. Grosseltern, Tanten und Onkel von kranken und sterbenden Kindern leiden und trauern immer mit. Ich begleite Familien oft über längere Zeit und manchmal auch über den Tod eines Kindes hinaus. Ich und führe manchmal auch Trauergottesdienste durch.
Betreuen Sie auch die Mitarbeitenden am UKBB?
Ich habe recht häufig mit dem Personal zu tun, zum Beispiel im Rahmen der interdisziplinären Balint-Gruppe mit Pflegenden und Ärzten. Dabei geht es weniger um den medizinisch-therapeutischen Fall als darum, wie es einem mit dem Patienten und mit den Angehörigen geht. Was fällt mir schwer? Was passiert mit mir? Was belastet mich? Wo habe ich ethische Bedenken? Es geht darum, solche Empfindungen und Gefühle zu besprechen und gemeinsam Lösungen für den Umgang mit ihnen zu suchen. Ich habe aber auch Einzelgespräche mit dem Personal, zum Beispiel bei privaten Problemen oder Schicksalsschlägen. Wenn sie mich kennen, fragen sie mich, ob ich mal Zeit habe. Das ist das Schöne an meinem Beruf: Ich darf mir Zeit nehmen für die Menschen und muss nicht auf die Uhr schauen und Taxpunkte rapportieren.
Für Eltern gibt es nichts Schlimmeres als ein schwer krankes oder gar ein sterbendes Kind. Was können Sie den Eltern anbieten?
Ich kann ihnen anbieten, dass ich mit meinem ganzen Herzen bei ihnen bin in diesem fast nicht auszuhaltenden und manchmal auch gar nicht auszuhaltenden Lebensabschnitt. Ich kann ihnen anbieten, dass ich mitfühle, aber dabei nicht selbst zusammenbreche. Dadurch kann ich ihnen etwas Halt geben und das Schwierige und Schwere mit ihnen auszuhalten. Ich kann immer und immer wieder zuhören, wenn sie mir erzählen, wie ein Unfall passiert ist, wie es dem Kind letzte Woche gegangen ist. Ich kann ihnen anbieten, dass ich nicht müde werde, das zumindest ein wenig mitzutragen, was sie aushalten müssen.
Und wie halten Sie das aus?
Ich habe ein tolles Team und liebe Kolleginnen und Freunde in meinem Umfeld, mit denen ich verbunden bin und mit denen ich mich austauschen kann. Ich habe eine wunderbare Familie. Da erzähle ich auch manchmal von meinen Patientinnen, und dann tragen sie mich mit, indem sie zuhören und Anteil nehmen. sie Ich habe sehr gerne stille Momente für mich alleine, in denen ich mich geistig regenerieren kann im Gebet, Ich bewege mich gerne beim Laufen und beim Sport. Draussen in der Natur spürt man seinen Körper und er kann sich erholen und neue Kraft schöpfen. Es ist wichtig, dass man die Traurigkeit und das Leid verarbeiten kann. Und es gibt ganz viele freudige Erlebnisse, weil Kinder geheilt werden, weil sie kritische Zustände überleben, weil Ärztinnen und Pflege unvorstellbar viel leisten, weil Eltern, die ein Kind verloren haben, noch einmal Eltern werden dürfen und ich diese Kinder dann taufen darf, weil ein zerrissener Lebenskreis, wenn auch mit Narben, sich dann doch wieder zusammenfügt.
Und wie gehen Sie mit den Kindern um?
Das kommt ganz aufs Kind an und aufs Alter. Ich habe Kinder einfach gern und unterhalte mich gerne mit ihnen, weil sie oft tiefgründig, interessant und auch lustig über das Leben nachdenken und uns viel zu sagen haben. Manche Kinder sind sich sehr bewusst, wenn sie sterben müssen und sie können manchmal sogar besser damit umgehen als ihre Eltern. Kinder können uns sehr viel sagen, wenn wir bereit sind, ihnen zuzuhören. Das ist mir wichtig: Nicht von mir und meinen Vorstellungen auszugehen, sondern genau hinzuhören, was dieser Bub oder dieses Mädchen mir erzählt darüber, wie es ihm oder ihr geht. So kommen wir ins Gespräch. Es geht nicht um meine Meinung oder gar um Tipps. Es geht darum, dem Menschen zu begegnen und seine Seele wahrzunehmen.
Sie hören nur zu und geben keine Tipps?
Klar kann ich Eltern allenfalls Hinweise und praktische Tipps geben, wenn sie das wünschen. Dabei geht es aber eher um konkrete Beratungen bei Fragen, die sie als Paar oder die Geschwisterkinder betreffen, oder es geht um die Balance zwischen Erwerbsarbeit und Pflege des erkrankten Kindes etc. Jede Familie ist da in einer ganz eigenen, immer aber anspruchsvollen Situation Wenn ich dann beispielsweise etwas zu ihrer Stärkung, Beruhigung oder zu mehr Klarheit beitragen kann, macht mich das zutiefst froh.
Cornelia Schmidt
Cornelia Schmidt hat in Basel und Zürich Theologie studiert. Nach dem Propädeutikum arbeitete sie ein Jahr lang als Lehrerin an einer Primarschule in Guayaquil, Ecuador 1998 wurde sie ordiniert. Von 1999 bis 2005 arbeitete sie im Ökumenischen Aidspfarramt beider Basel als Seelsorgerin für Frauen im Sexgewerbe. Seit 2005 ist sie Seelsorgerin im Kantonsspital Baselland auf dem Bruderholz, seit 2017 zudem Spitalseelsorgerin am Universitäts-Kinderspital beider Basel UKBB. Sie hat sich nach dem Theologiestudium am Institut für systemische Entwicklung und Fortbildung in Zürich im Bereich der systemischen Psychotherapie und Beratung weitergebildet und darüber hinaus im Bereich Notfallseelsorge und -psychologie. Sie ist Mitglied des Careteams des Kantonalen Führungsstabs Baselland.
» www.ukbb.ch/