In einer so durchgetakteten Umgebung wie einem Spital sei es das Wichtigste, sich für die Menschen Zeit nehmen zu können. Das sagt Pfarrerin Eveline Feiss, die als evangelisch-reformierte Spitalseelsorgerin im Felix Platter-Spital die Nachfolge von Pfr. Gerhard Gerster angetreten hat. Im Spital seien die Menschen oft an einer Bruchstelle in ihrem Leben. «Es geht nicht nur um das Sterben, manchmal geht es auch um den Eintritt in ein Altersheim – und manche Menschen würden sich gerne vom Leben verabschieden. Sich selbst bezeichnet Eveline Feiss als Kirchgängerin: «Ich gehe gern in den Sonntagsgottesdienst.»
Warum hast Du ins Felix Platter-Spital gewechselt?
Ich habe gemerkt, dass Seelsorge meine Begabung ist. Ich glaube, ich kann es gut mit älteren Menschen. Im Gellert Hof habe ich die Menschen zum Teil über eine sehr lange Zeit begleitet. Ich wollte weiterhin mit älteren Menschen arbeiten. Das ist sehr eindrücklich, sie bringen alle einen grossen Rucksack voller Lebenserfahrung mit. Gerade zum rechten Zeitpunkt ist die Stelle im Felix Platter-Spital ausgeschrieben worden und zu meiner grossen Freude habe ich die Stelle gekriegt.
Inwiefern unterscheidet sich die Arbeit im Spital von der Arbeit im Alters- und Pflegeheim?
Im Gellert Hof habe ich die Menschen über eine lange Zeit begleitet. Hier im Spital habe ich oft nur die Möglichkeit zu einem Gespräch. Ein Kontakt, dann gehen die Patienten wieder. Ich hoffe, dass sich die Patienten an diesem Punkt öffnen können, ihre Sorgen mir anvertrauen können. Ich erlebe häufig, dass sie sich nach dem Gespräch entlastet fühlen. Kürzlich hat mir jemand gesagt: «Sie sehen so ruhig aus, das ist selten im Spital.» Das ist das, was ich anbieten kann: Ich kann Raum für Ruhe öffnen und so die Gelegenheit schaffen, dass etwas Belastendes zur Sprache kommen kann. Als Seelsorgerin bin ich eine Art Hüterin der Gefühle und kann helfen, das, was schmerzt, zur Sprache zu bringen.
Wie hast Du die Spitalseelsorge im Felix Platter-Spital angetroffen?
Wunderbar. Unsere Vorgänger haben sehr viel gearbeitet. Die Seelsorge ist sehr gut implementiert und gut akzeptiert im Haus. Wir sind Mitglieder des Palliativ-Teams. Wir werden von Ärzten, von der Pflege oder von Ergotherapeuten angefragt und sind gut eingebettet in die Arbeitsabläufe. Wir werden beigezogen zu Fallbesprechungen und auch von Mitarbeitenden zugezogen, wenn es in einem Team zu Schwierigkeiten kommt. Ein ganz grosses Dankeschön an Gerhard Gerster und Therese Stillhart, unsere Vorgänger, die für die Akzeptanz der Seelsorge im Haus sehr viel getan haben.
Zu Deinem Aufgabengebiet gehört auch die Seelsorge im Bereich der Palliative Care?
Im Gegensatz zur kursiven Pflege, wo es um Heilung geht, ist Palliative Care die Pflege von chronisch Kranken. Da geht also nicht um Heilung, sondern um den Erhalt der Lebensqualität. Ziel ist es, das Leben trotz Einschränkungen lebenswert zu machen.
Es geht also nicht nur um Sterbebegleitung?
Nein, das ist dann das Ende des Lebens. Das sind dann die letzten Tage. Palliative Care kann Monate dauern, manchmal sogar Jahre. Auch in dieser Zeit ist ein lebenswertes Leben möglich.
Es das nicht etwas schön gefärbt?
Jeder Mensch weiss, dass er irgendwann sterben muss. Das gilt ganz besonders für chronisch oder schwerkranke Menschen. Gerade bei ihnen ist es sehr wichtig, dass sie so gut wie möglich betreut sind. Von der Pflege, von Ärzten, in Sachen Ernährung, aber eben auch seelisch. Gemeinsam versuchen wir, den Patientinnen und Patienten ein Leben zu ermöglichen, das ansprechend ist. Das schätzen die Menschen auch sehr.
Was ist in dieser Zeit besonders gefragt von der Seelsorge?
Oft geht es um eine Lebensbilanz. Gemeinsam schauen wir zurück: Was war schön? Was war traurig oder schmerzhaft? Manchmal ziehen die Menschen Bilanz und sind zufrieden oder sie bringen das zur Sprache, was sehr schmerzhaft war. So können sie zum Beispiel den Tod eines Kindes oder eines Lebenspartners eher verarbeiten.
Was kannst Du konkret anbieten?
Da sein, präsent sein, manchmal hilft auch eine Berührung, manchmal hilft ein Gebet. Am wichtigsten ist das Gespräch. Zeit haben und Zuhören. Das ist meine Hauptaufgabe.
Wem steht Palliative Care in Basel-Stadt offen?
Palliative Care ist ein Teil der öffentlichen Gesundheitsversorgung des Kantons Basel-Stadt und steht deshalb jedermann offen. Die palliative Versorgung von Kindern und Erwachsenen ist Teil der Grundversorgung und umfasst alle Bereiche: Spitäler, Alters- und Pflegeheime, Spitex, aber auch Hausärztinnen und -ärzte.
Ist der ständige Umgang mit Sterbenden nicht furchtbar traurig?
Sterben gehört zum Leben. Manchmal ist das Sterben für ältere Menschen auch eine Erlösung, weil sie einen langen Leidensweg hinter sich haben. Dann ist es auch für die Angehörigen eine Erlösung. Viele Menschen sagen auch: Ich bin alt und lebenssatt, ich habe gelebt, jetzt ist es Zeit, zu gehen.
Welche spirituelle Angebote machst Du einem Sterbenden?
Die wenigsten brauchen ein Ritual oder eine bestimmte geistliche Leistung. Viele Menschen sind alleine im Spital. Da ist es wichtig, Gemeinschaft zu geben und Zeit zu haben für sie in den wichtigen Momenten des Abschieds. Das gilt manchmal auch für die Angehörigen, die froh sind, wenn sie jemanden haben, mit dem sie reden können. Wo es Platz hat, gebe ich ein Reisesegen, Psalm 121 «Ich hebe meine Augen auf zu den Bergen» oder wir beten auch schlicht ein «Unser Vater».
Du sprichst immer wieder vom Zeit haben. Steht das im Zentrum?
Es ist das Allerwichtigste: Zeit zu haben in einem durchgetakteten Haus in einem existenziellen Moment. Oft sind die Menschen an einer Bruchstelle. Es geht nicht nur um das Sterben, manchmal geht es auch um den Eintritt in ein Altersheim – und manche Menschen würden sich gerne vom Leben verabschieden, können aber nicht sterben. Zeit zu haben in diesem hektischen Spitalalltag, das ist das Wertvollste, was wir haben. Wir sind heute im Spital so gut eingebettet, das Pflege, Ärzte und die anderen Mitarbeitenden uns beiziehen, wenn sie merken, dass es nötig sein könnte. Das haben unsere Vorgänger wunderbar aufgebaut.
Was gibt Dir selbst Kraft?
Mein Glaube, meine eigene Spiritualität. Ich bin eine Kirchgängerin, ich gehe gern in den Sonntagsgottesdienst. Die Natur, die Berge geben mir viel. Manchmal hilft auch eine schöne Velotour durch die Natur. Ich brauche viel Zeit für mich, ich brauche Ruhe und ich lese viel. Und ich habe einen schönen, kleinen Freundeskreis. Da gibt es auch schon mal ein gutes Glas Wein und ein feines Essen.
Eveline Feiss
Eveline Feiss ist in Münsingen im Kanton Bern aufgewachsen und hat nach einer Ausbildung als Krankenschwester (wie das damals hiess) in verschiedenen Spitälern gearbeitet. Danach hat sie in Bern und Basel Theologie studiert und in Basel die Pfarrausbildung mit einem Vikariat in Füllinsdorf abgeschlossen. Sie war mehrere Jahre Pfarrerin in der Johanneskirche und hat die letzten sieben Jahre als Seelsorgerin im Alters- und Pflegeheim Gellert Hof gearbeitet. Im Felix Platter-Spital hat sie die Nachfolge von Gerhard Gerster angetreten.
Ich habe gemerkt, dass Seelsorge meine Begabung ist. Ich glaube, ich kann es gut mit älteren Menschen. Im Gellert Hof habe ich die Menschen zum Teil über eine sehr lange Zeit begleitet. Ich wollte weiterhin mit älteren Menschen arbeiten. Das ist sehr eindrücklich, sie bringen alle einen grossen Rucksack voller Lebenserfahrung mit. Gerade zum rechten Zeitpunkt ist die Stelle im Felix Platter-Spital ausgeschrieben worden und zu meiner grossen Freude habe ich die Stelle gekriegt.
Inwiefern unterscheidet sich die Arbeit im Spital von der Arbeit im Alters- und Pflegeheim?
Im Gellert Hof habe ich die Menschen über eine lange Zeit begleitet. Hier im Spital habe ich oft nur die Möglichkeit zu einem Gespräch. Ein Kontakt, dann gehen die Patienten wieder. Ich hoffe, dass sich die Patienten an diesem Punkt öffnen können, ihre Sorgen mir anvertrauen können. Ich erlebe häufig, dass sie sich nach dem Gespräch entlastet fühlen. Kürzlich hat mir jemand gesagt: «Sie sehen so ruhig aus, das ist selten im Spital.» Das ist das, was ich anbieten kann: Ich kann Raum für Ruhe öffnen und so die Gelegenheit schaffen, dass etwas Belastendes zur Sprache kommen kann. Als Seelsorgerin bin ich eine Art Hüterin der Gefühle und kann helfen, das, was schmerzt, zur Sprache zu bringen.
Wie hast Du die Spitalseelsorge im Felix Platter-Spital angetroffen?
Wunderbar. Unsere Vorgänger haben sehr viel gearbeitet. Die Seelsorge ist sehr gut implementiert und gut akzeptiert im Haus. Wir sind Mitglieder des Palliativ-Teams. Wir werden von Ärzten, von der Pflege oder von Ergotherapeuten angefragt und sind gut eingebettet in die Arbeitsabläufe. Wir werden beigezogen zu Fallbesprechungen und auch von Mitarbeitenden zugezogen, wenn es in einem Team zu Schwierigkeiten kommt. Ein ganz grosses Dankeschön an Gerhard Gerster und Therese Stillhart, unsere Vorgänger, die für die Akzeptanz der Seelsorge im Haus sehr viel getan haben.
Zu Deinem Aufgabengebiet gehört auch die Seelsorge im Bereich der Palliative Care?
Im Gegensatz zur kursiven Pflege, wo es um Heilung geht, ist Palliative Care die Pflege von chronisch Kranken. Da geht also nicht um Heilung, sondern um den Erhalt der Lebensqualität. Ziel ist es, das Leben trotz Einschränkungen lebenswert zu machen.
Es geht also nicht nur um Sterbebegleitung?
Nein, das ist dann das Ende des Lebens. Das sind dann die letzten Tage. Palliative Care kann Monate dauern, manchmal sogar Jahre. Auch in dieser Zeit ist ein lebenswertes Leben möglich.
Es das nicht etwas schön gefärbt?
Jeder Mensch weiss, dass er irgendwann sterben muss. Das gilt ganz besonders für chronisch oder schwerkranke Menschen. Gerade bei ihnen ist es sehr wichtig, dass sie so gut wie möglich betreut sind. Von der Pflege, von Ärzten, in Sachen Ernährung, aber eben auch seelisch. Gemeinsam versuchen wir, den Patientinnen und Patienten ein Leben zu ermöglichen, das ansprechend ist. Das schätzen die Menschen auch sehr.
Was ist in dieser Zeit besonders gefragt von der Seelsorge?
Oft geht es um eine Lebensbilanz. Gemeinsam schauen wir zurück: Was war schön? Was war traurig oder schmerzhaft? Manchmal ziehen die Menschen Bilanz und sind zufrieden oder sie bringen das zur Sprache, was sehr schmerzhaft war. So können sie zum Beispiel den Tod eines Kindes oder eines Lebenspartners eher verarbeiten.
Was kannst Du konkret anbieten?
Da sein, präsent sein, manchmal hilft auch eine Berührung, manchmal hilft ein Gebet. Am wichtigsten ist das Gespräch. Zeit haben und Zuhören. Das ist meine Hauptaufgabe.
Wem steht Palliative Care in Basel-Stadt offen?
Palliative Care ist ein Teil der öffentlichen Gesundheitsversorgung des Kantons Basel-Stadt und steht deshalb jedermann offen. Die palliative Versorgung von Kindern und Erwachsenen ist Teil der Grundversorgung und umfasst alle Bereiche: Spitäler, Alters- und Pflegeheime, Spitex, aber auch Hausärztinnen und -ärzte.
Ist der ständige Umgang mit Sterbenden nicht furchtbar traurig?
Sterben gehört zum Leben. Manchmal ist das Sterben für ältere Menschen auch eine Erlösung, weil sie einen langen Leidensweg hinter sich haben. Dann ist es auch für die Angehörigen eine Erlösung. Viele Menschen sagen auch: Ich bin alt und lebenssatt, ich habe gelebt, jetzt ist es Zeit, zu gehen.
Welche spirituelle Angebote machst Du einem Sterbenden?
Die wenigsten brauchen ein Ritual oder eine bestimmte geistliche Leistung. Viele Menschen sind alleine im Spital. Da ist es wichtig, Gemeinschaft zu geben und Zeit zu haben für sie in den wichtigen Momenten des Abschieds. Das gilt manchmal auch für die Angehörigen, die froh sind, wenn sie jemanden haben, mit dem sie reden können. Wo es Platz hat, gebe ich ein Reisesegen, Psalm 121 «Ich hebe meine Augen auf zu den Bergen» oder wir beten auch schlicht ein «Unser Vater».
Du sprichst immer wieder vom Zeit haben. Steht das im Zentrum?
Es ist das Allerwichtigste: Zeit zu haben in einem durchgetakteten Haus in einem existenziellen Moment. Oft sind die Menschen an einer Bruchstelle. Es geht nicht nur um das Sterben, manchmal geht es auch um den Eintritt in ein Altersheim – und manche Menschen würden sich gerne vom Leben verabschieden, können aber nicht sterben. Zeit zu haben in diesem hektischen Spitalalltag, das ist das Wertvollste, was wir haben. Wir sind heute im Spital so gut eingebettet, das Pflege, Ärzte und die anderen Mitarbeitenden uns beiziehen, wenn sie merken, dass es nötig sein könnte. Das haben unsere Vorgänger wunderbar aufgebaut.
Was gibt Dir selbst Kraft?
Mein Glaube, meine eigene Spiritualität. Ich bin eine Kirchgängerin, ich gehe gern in den Sonntagsgottesdienst. Die Natur, die Berge geben mir viel. Manchmal hilft auch eine schöne Velotour durch die Natur. Ich brauche viel Zeit für mich, ich brauche Ruhe und ich lese viel. Und ich habe einen schönen, kleinen Freundeskreis. Da gibt es auch schon mal ein gutes Glas Wein und ein feines Essen.
Eveline Feiss
Eveline Feiss ist in Münsingen im Kanton Bern aufgewachsen und hat nach einer Ausbildung als Krankenschwester (wie das damals hiess) in verschiedenen Spitälern gearbeitet. Danach hat sie in Bern und Basel Theologie studiert und in Basel die Pfarrausbildung mit einem Vikariat in Füllinsdorf abgeschlossen. Sie war mehrere Jahre Pfarrerin in der Johanneskirche und hat die letzten sieben Jahre als Seelsorgerin im Alters- und Pflegeheim Gellert Hof gearbeitet. Im Felix Platter-Spital hat sie die Nachfolge von Gerhard Gerster angetreten.