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Hüte dich und bleibe still; fürchte dich nicht, und dein Herz sei unverzagt.

Jesaja 7,4

Sabine Ammann: «Wenn es unsicher wird im Leben, sucht man Halt.»

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Zum zweiten Mal hat die Synode Anfang September 2025 Sabine Ammann zu ihrer Präsidentin gewählt. In den nächsten zwei Jahren leitet sie das Kirchenparlament, das mit der neuen Legislatur aus noch vierzig Mitgliedern besteht. Sabine Ammann sagt, sie sehe die Aufgabe der Synode darin, «Menschen zusammenzubringen und den Rahmen für einen guten Austausch zu bieten, damit wir die Institution Kirche weiterentwickeln und Schwerpunkte setzen können».
Du bist, erneut, zur Präsidentin der Synode gewählt worden. Was hat Dich motiviert, Dich für das Amt zur Verfügung zu stellen?
Ich wurde angefragt, weil es für die Zeit des Übergangs sinnvoll ist, wenn jemand eine Konstanz gewährleistet und nicht jemand völlig Neues beginnen muss. Und dann sind natürlich genau dieser Übergang und die Halbierung der Synode spannend. Das könnte dazu führen, dass wir wieder mehr diskutieren. Wir haben viele neue Vorgaben und Abläufe erarbeitet, jetzt beginnt das zu leben. Darauf freue ich mich.

Welche Erfahrungen aus Deinem beruflichen oder kirchlichen Engagement bringst Du in dieses Amt ein?
Ich habe vor mehr als 30 Jahren selbst einmal bei der Kirche gearbeitet, als sozialdiakonische Mitarbeiterin in der Jugendarbeit. Das ist mein Hintergrund, wie ich zur Kirche gekommen bin. Damals hat es mich gepackt und das ist sicher ein Teil meiner Motivation. Die Kirche übernimmt wichtige Aufgaben und leistet einen wichtigen gesellschaftlichen Beitrag. Auch wenn wir kleiner werden, bleibt das wichtig.
Bei mir ist es mehr als 30 Jahre her, dass ich einmal kirchliche Jugendarbeit gemacht habe. Ich werde aber heute noch manchmal auf der Strasse von damaligen Jugendlichen angesprochen. Die Kirche hat immer noch einen grossen Vertrauensvorschuss in der Gesellschaft, weil die Kirche Menschen ernst nimmt. Das hat Bestand. Das ist auch meine Motivation. Beruflich leite ich die Fachstelle Tagesbetreuung im Kanton Basel-Stadt. Das ist ein Bereich, der in den letzten Jahren enorm gewachsen ist. Kitas sind stark professionalisiert und ausgebaut worden. Die Kirche macht eher die umgekehrte Erfahrung, sieht sich aber vor ähnliche Herausforderungen gestellt. So oder so habe ich es mit Menschen zu tun.

Wie würdest Du Deine persönliche Beziehung zur Kirche heute beschreiben?
Da stellt sich natürlich die Frage, was mit Kirche gemeint ist. Für mich sind das die Menschen, es sind die Feiern, die Angebote und die Gottesdienste. Ich gehe gerne selbst am Sonntag oder an andern Tagen in die Kirche, besonders auch an kirchlichen Feiertagen . Ich schätze den Austausch mit den Menschen. Kirche ist für mich aber auch der Ort, wo ich meinen eigenen Glauben hinterfragen und weiterentwickeln kann. Da bietet die Kirche grosse Möglichkeiten, weil sehr persönliche und intime Themen angesprochen werden. Gerade in Momenten von Übergängen im Leben, zum Beispiel bei Geburten oder Todesfällen, kann die Kirche auf eine riesige Tradition zurückblicken. Das hat für mich eine hohe Relevanz. Für mich ist die Kirche nicht einfach der Ort, wo alle moralisch gut sind. Die Bibel ist widersprüchlich und handelt von fehlbaren Menschen, die in Schwierigkeiten stecken. Wenn es der Kirche gelingt, diese biblischen Geschichten so an die Menschen zu bringen, dass sie etwas bewirken und zum Nachdenken anregen, dann ist das spannend.

Welche Rolle spielt dabei Dein Glaube?
Ich möchte meinen Glauben hinterfragen und weiterentwickeln. Ich stehe zu meiner Kirche, aber ich hinterfrage Gegebenes gerne auch kritisch. Die Kirche versteht es, sehr gut, schöne Feste zu feiern, weil sie ein Bewusstsein für Rituale hat und Tiefe gibt. Das ist für die Menschen und ihr Zusammenhalt sehr wichtig. Gute, herausfordernde Predigten finde ich anregend und spannend.

Wie interpretierst Du die Aufgabe der Synode innerhalb der Evangelisch-reformierten Kirche Basel-Stadt?
Die Synode ist das Verbindungsglied. Da kommen Menschen aus unterschiedlichen Gemeinden, aus Projekten und Spezialpfarrämtern zusammen und setzen sich gemeinsam mit der Kirche auseinander. Die Aufgabe der Synode sehe ich darin, eben diese Menschen zusammenzubringen und den Rahmen für einen guten Austausch zu bieten, damit wir die Institution Kirche weiterentwickeln und Schwerpunkte setzen können. Ein Beispiel ist das gemeindeübergreifende Planen von Gottesdiensten. Ich denke aber zum Beispiel auch an die Herausforderungen des Religionsunterrichts, die wir angehen müssen.. Die Synode hat immer wieder gute Entscheide getroffen und Entwicklungen unterstützt. Ich denke etwa an «meine» Kirchgemeinde Basel West, wo die Pauluskirche heute eine Kulturkirche ist und das Oekolampad verkauft und anders genutzt wurde, dafür aber im Johannes ein neues, lebendiges Zentrum entstehen konnte. Es ist wichtig, dass an solchen Entwicklungen viele beteiligt sind, sich darüber austauschen und sie dann mittragen können.

Welche Themen liegen Dir als Präsidentin besonders am Herzen?
Für mich ist sehr erfreulich, dass sich die Zusammenarbeit zwischen Synode und Kirchenrat in den letzten Jahren stark verbessert hat. Da ist sehr viel Gutes passiert. Jetzt sind auch die Kirchenvorstände stärker eingebunden. Mir ist wichtig, dass wir nicht nur in der Synode zusammen reden, sondern über die Synode hinaus auch mit Kirchenrat, Kirchenvorständen und andern Gremien eine gute Gesprächskultur haben. Auseinandersetzungen sind wichtig, aber sie müssen konstruktiv sein. In der Synode ist es immer wieder spannend, wie Menschen mit unterschiedlichsten Erfahrungen und Horizonten sich zusammenraufen.

Wie kann die Synode als Milizorgan in einer zunehmend professionellen Kirchenstruktur relevant bleiben?
Die kirchlichen Mitarbeiter sind extrem wichtig. Sie setzen sich den ganzen Tag für die Kirche ein. Die Synode kommt nur an einigen Tagen im Jahr zusammen. Aber die Kirche lebt ja auch davon, dass sich viele Menschen in ihrer Freizeit engagieren.

Welche Rolle spielt die Synode in der Kommunikation mit der Kirchenbasis – und wo siehst Du Entwicklungspotenzial?
Diese Frage zu beantworten, ist im Moment nicht ganz einfach, weil wir im Umbruch sind. Es ist deshalb wichtig, dass sich die Synode neu findet und sich auch neue Aufgaben nimmt. Die Synode darf kein Gremium sein, das losgelöst von der Realität tagt. Aber die Synode besteht ja aus Menschen und die sind verankert in ganz unterschiedlichen Bereichen der Kirche. Auf diese Menschen kommt es auch in der Kommunikation an.

Wie gehst Du als Synodepräsidentin damit um, dass gerade in Basel viele Menschen der Kirche distanziert gegenüberstehen?
In der Synode geben wir der Kirche ein Gesicht durch die Menschen, die die Kirche tragen. Wenn es uns gelingt, gute und konstruktive Gespräche zu führen, dann tragen diese Menschen das auch zurück in ihr Umfeld.

Welche Chancen siehst Du für die Evangelisch-reformierte Kirche Basel-Stadt in Zeiten gesellschaftlicher Umbrüche?
Ich glaube, die Kirche hat gerade in Umbruchzeiten Bedeutung. Wenn es unsicher wird im Leben, sucht man Halt. Ich glaube nicht, dass die Kirche überholt ist. Gerade wenn sich die Welt rasch verändert, ist es wichtig, dass die Kirche für die Menschen da ist. Das hat sich zum Beispiel in der Corona-Zeit gezeigt, aber auch mit dem Ausbruch des Ukrainekriegs. Die Kirche hat genau in diesen Krisenmomenten ihre Chance, weil sie schon seit Jahrhunderten in Krisenzeiten den Menschen Raum für Austausch und Halt bietet. Auch sonst hat die Kirche viel zu bieten, was gesellschaftlich sehr relevant ist. Ich denke an den Umgang mit älteren Menschen, an Einsamkeit, an Sterbebegleitung, aber auch an Themen rund um junge Menschen. Die Kirche hat da eine klare Haltung und Werte und hat den Menschen viel zu bieten. Diese Haltung ist eine Stärke der Kirche. Die Kirche ist deshalb alles andere als überholt.

Wie soll die Kirche den Dialog mit jüngeren Menschen fördern?
Es ist toll, wenn es Angebote gibt für Kinder und Familien. Es ist auch wichtig, dass es niederschwellig zugängliche Angebot in den Quartieren gibt. Mir scheint zentral, dass die Kirche präsent bleibt und Kinder und Jugendliche anspricht. Wenn das glaubwürdig ist, dann hat es auch Zukunft. Gerade Kinder merken es sofort, ob sie ernst genommen werden und es das Gegenüber ehrlich meint. Dann kommt es zu Momenten, an die man sich später erinnert.

Auf was freust Du Dich am meisten?
Ich freue mich auf den Austausch mit spannenden Menschen in der Synode und darauf, den Wandel begleiten zu dürfen. Ich glaube, wir werden in der verkleinerten Synode spannende Debatten und Gespräche führen. Ich freue mich aber auch auf die Zusammenarbeit mit den anderen Gremien, etwa mit dem Kirchenrat, und ich freue mich auf die Entwicklung der nächsten Jahre.